„Menschlich kann ich viel erreichen“
Ihr Studium in Sozialer Arbeit hat Sinem Dagli erfolgreich mit dem Bachelor abgeschlossen, nachdem sie zwischendrin immer mal wieder eine Pause einlegen musste. Heute arbeitet die 33-Jährige in Mainz in der Gemeindewesen-Arbeit mit Familien und Jugendlichen. Als Muslima fühlte sie sich an der Evangelischen Hochschule gut aufgehoben.
Sinem Dagli kommt eigentlich aus Köln, „doch Darmstadt stand ganz oben auf meiner Liste“, sagt sie. Das Fachabitur hatte die junge Frau mit türkischen Wurzeln an einer höheren Handelsschule für Wirtschaft gemacht, für Soziale Arbeit interessierte sie sich aber schon seit der Schulzeit. Im Sozialwesen hatte die Evangelische Hochschule Darmstadt einen sehr guten Ruf, erzählt sie. „Daher wollte ich unbedingt dorthin zum Studium.“
Sinem Dagli ist Muslima. „Ich war neugierig, welche Rolle religiöse Motive an einer christlichen Hochschule spielen“, sagt sie. Glücklich war sie über die familiäre Atmosphäre, die an der EHD herrschte. „Ich habe mich dort sehr gut aufgehoben gefühlt“, betont die 33-Jährige. Viele der von ihr belegten Seminare beinhalteten auch religiöse Aspekte. „Ich habe mit den Dozenten*innen immer intensiv diskutieren können. Sie waren sehr weltoffen und kompetent.“ Gefreut hat sie sich über den Gebetsraum, den die EHD einrichtete und der Studierenden aller Konfessionen offenstand. „Ich würde jederzeit wieder in Darmstadt studieren“, sagt Sinem Dagli.
Die junge Frau musste ihr Studium selbst finanzieren, nebenher in Teil - oder auch Vollzeit arbeiten. Das war nicht immer leicht. 2012 brach sie ihr Studium ab, kehrte zurück nach Köln. Eine Entscheidung, die sie Monate später revidierte und im dritten Semester wieder in den Studiengang in Darmstadt einstieg. „Ich habe gerne studiert“, betont Sinem Dagli. Sie kann sich daher auch vorstellen, ein Masterstudium anzugehen. Aber erst nach dem Ende der Pandemie, „wenn man wieder auf dem Campus sein kann“, sagt sie.
Eher unverhofft landet sie nach dem Bachelorabschluss im Stadtteiltreff-Gonsenheim in Mainz. Ihr Studienschwerpunkt lag eigentlich auf frühen Hilfen und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche. Jetzt beschäftigt sie sich mit Gemeindewesenarbeit und außerschulischer Bildung. Sie betreut Kinder, Jugendliche und Familien in schwierigen Situationen. In der Einrichtung arbeiten vier Hauptamtliche und 300 Ehrenamtliche in der Betreuung und Beratung. Es gibt eine Schülerhilfe, eine Kinderwerkstatt oder auch einen Chor, eine Zeitung und Ferienangebote. Für Sinem Dagli eine Teilzeitstelle. Die übrige Zeit arbeitet sie als Selbstständige in der Familienhilfe.
Die Gemeindewesenarbeit empfindet sie als „sehr kreativ, facetten- und lehrreich“. Gut gefällt ihr, dass sie eigene Ideen und Konzepte entwickeln und ausprobieren kann. „Politisch, ethisch und menschlich kann ich viel erreichen. Das inspiriert mich“, sagt die 33-Jährige.
Text: Astrid Ludwig