Altern und Pflege im Sozialraum stärken – für den Erhalt und den Ausbau der Gemeindepflege in Hessen

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    (Darmstadt, 04.04.2025) Ältere Menschen möchten möglichst lange selbstständig im gewohnten Sozialraum leben können und am gesellschaftlichen und sozialen Leben teilhaben. Bei Unterstützungs- und Pflegebedarf benötigen sie gute Zugänge zu einem wohnortnahen Angebot. Mit diesem Themenfeld beschäftigten sich 200 Teilnehmende eines am 4. April vom Bündnis Pflege und der Evangelischen Hochschule Darmstadt gemeinsam ausgerichteten Fachtag. 

    Im Fokus stand das in Teilen Hessens erfolgreich umgesetzte Beratungsangebot der „Gemeindepflege“. Die dort tätigen Fachkräfte nehmen bei ihren Hausbesuchen beispielsweise die soziale Situation, gesundheitliche und hauswirtschaftliche Versorgung ebenso in den Blick wie die individuelle Wohnsituation, Mobilität oder Freizeitgestaltung und beugen damit Isolation und Pflegebedürftigkeit vor. Bei Bedarf informieren sie über alltagsbegleitende Angebote, passende Hilfen bzw. Dienstleistungen und vermitteln diese; diese Kümmererstruktur setzt niedrigschwellig an und wirkt.

    Wie dies ganz praktisch von statten geht, beschrieb in einem überaus lebendigen Beitrag die ehemalige Gemeindepflegerin Katharina Müller. In weiteren Vorträgen stellten Fabia Heischling vom zuständigen Ministerium das Landesprogramm Gemeindeschwester plus aus Rheinland-Pfalz vor. Jaqueline Stärklow erläuterte das Projekt „Gemeindepflege“ aus Sicht des Hessischen Ministeriums.

    Die Teilnehmenden diskutierten anschließend sehr angeregt in 6 moderierten Fachforen u.a. die Themen „Prävention - Rehabilitation vor Pflege“, „Die Rolle der Kommunen in der Daseinsvorsorge älterer Menschen“, „Perspektiven der Gemeindepflege in Hessen“, „Alter(n) und Pflege im Quartier“ und „Alter und Pflege als Armutsrisiko“.

    In der abschließenden Podiumsdiskussion unter der Moderation von Johannes Breckner standen die Perspektiven der Gemeindepflege in Hessen im Mittelpunkt.

    Es diskutierten: 

    • Barbara Akdeniz, Bürgermeisterin und Sozialdezernentin der Wissenschaftsstadt Darmstadt
    • Jürgen Frohnert, Bündnis Pflege
    • Fabia Heischling, Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz, Referat „Pflege, Gut leben im Alter“
    • Prof.in Dr.in Ulrike Manz, Ev. Hochschule Darmstadt
    • Klaus Reifert, Vorsitzender der Landesseniorenvertretung Hessen e.V.
    • Jaqueline Stärklow, Hessisches Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege, Referat „Gesundheitspolitik“

    In einer auf dem Fachtag vorgestellten Resolution des Bündnisses Pflege, sieht diese das Projekt Gemeindepflege in Hessen auf Grund der Haushaltslage des Landes und vor allem der Kommunen gefährdet.

    Das „Bündnis Pflege“ hält es für dringend geboten

    • die Gemeindepflege durch eine 100% Regelfinanzierung des Landes Hessen zu sichern. Bereits die jetzigen Eigenanteile der Kommunen überfordern deren Möglichkeiten und würden bei einer weiteren Erhöhung des Eigenanteils zum Abbau der Gemeindepflege führen.
    • die Gemeindepflege flächendeckend auszubauen. Einen Bedarf von mindestens 1 Stelle pro 30.000 Einwohner*innen ist nach den Erfahrungen der letzten Jahre notwendig.
    • die Fachkräfte in der Gemeindepflege leistungsgerecht zu bezahlen. Aktuell gehen die Richtlinien von einem Gehalt eines Berufsanfängers/einer Berufsanfängerin in der Pflege aus.
    • die Gemeindepflege in Hessen inhaltlich weiterzuentwickeln, allgemeingültige Standards und Tätigkeitsprofile für die Gemeindepflege zu implementieren. Eine geregelte Weiterbildung sollte verpflichtend sein.
    • die Netzwerkarbeit im Sozialraum zu stärken. Die Wirksamkeit der Gemeindepflege steigt, wenn das Angebot passgenau in die örtlichen Strukturen wie Pflegestützpunkte und Quartiersarbeit eingefügt wird.
    • eine hessenweite Koordinierungs- und Beratungsstelle einzurichten, die Kommunen, Initiativen oder andere Träger im Prozess der Sozialraumentwicklung bzw. Quartiersentwicklung zu Alter und Pflege berät, begleitet und unterstützt.

    Die Resolution fand viel Zuspruch bei den Teilnehmenden des Fachtages und soll als Grundlage für die Einreichung einer Petition an das Land Hessen dienen.

     

    Downloads
    Ergebnisse aus den Foren abrufen 
    Fabia Heischling: Landesprogramm Gemeindeschwester plus Rheinland Pfalz
    Katharina Müller: Von Tür zu Tür im Quartier
    Jaqueline Stärklow: Das Projekt „Gemeindepflege“ in Hessen
    Tanja Stephan / Jürgen Frohnert: Perspektiven der Gemeindepflege in Hessen (Forum 3)
    Ulrich Rauch / Markus Ries: Rolle der Kommunen in der Daseinsvorsorge älterer Menschen (Forum 4)
    Hans-Jürgen Wittig: Alter und Pflegebedürftigkeit als Armutsrisiko (Forum 5)