Armut in allen Facetten. Armut auf dem Land - Auswirkungen prekärer Lebens- und Arbeitsverhältnisse im strukturschwachen Raum

Projektleitung

Prof. Dr. Jana Günther
Evangelische Hochschule Darmstadt


Lehrgebiete: Sozialstrukturanalyse, soziale
Ungleichheit, Sozialpolitik

 


Dr. Melanie Hartmann
Diakonie Hessen


Leitung Existenzsicherung, Armutspolitik,
Gemeinwesen

Projektbeschreibung

Das Projekt widmet sich der qualitativen Erforschung von Armut im ländlichen Raum. Im Zentrum steht die Frage, wie sich spezifische Armutslagen – insbesondere im Kontext von Mobilitätsarmut, Wohnraummangel, verdeckter Armut (etwa infolge von Scham), prekärer Erwerbsarbeit, eingeschränktem Zugang zu Bildungsressourcen sowie Armut trotz Immobilieneigentums – auf die Lebenspraxis, das Selbstbild und die Handlungsmöglichkeiten betroffener Personen auswirken. Dabei wird ein intersektionaler Zugang gewählt, der auch die Perspektiven zugewanderter Bürger:innen systematisch mit einbezieht. 

Ziel des Projekts ist es u.a., sowohl strukturelle Herausforderungen als auch individuelle Bewältigungsstrategien im ländlichen Raum sichtbar zu machen. Im Gegensatz zu urbanen Armutskontexten zeichnet sich der ländliche Raum durch spezifische Problemlagen, aber auch durch eigene soziale Ressourcen und Unterstützungsnetzwerke aus, die bislang in der Armutsforschung wenig berücksichtigt wurden. Entsprechend verfolgt das Projekt zwei zentrale
Forschungsrichtungen: Zum einen werden die Auswirkungen multipler Krisen auf die Armutsdynamiken im ländlichen Raum untersucht. 

Zum anderen sollen Potenziale lokaler Solidaritätsformen, gemeindlicher Netzwerke und zivilgesellschaftlicher sowie kirchlicher Unterstützungsstrukturen als Ressource für
armutsbetroffene Menschen identifiziert werden.
Theorethisch schließt das Projekt an aktuelle gesellschaftliche und sozialpolitische Debatten zu wachsender Ungleichheit, dem Wandel sozialstaatlicher Steuerung und der spezifischen Ausprägung von Armut im ländlichen Raum an. 

Gleichzeitig werden Erkenntnisse aus der EKD-Studie „Nähe, die beschämt“ (2012)
aufgenommen und weiterentwickelt. Das Projekt versteht Armut als vielschichtiges, sozial verortetes
Phänomen, das nur im Zusammenspiel von struktureller, kultureller und individueller Ebene adäquat
beschrieben werden kann.


Die Ergebnisse sollen nicht nur wissenschaftlich dokumentiert, sondern im Sinne des Transfers auch für die sozialarbeiterische und diakonische Praxis nutzbar gemacht werden. Geplant sind u. a. praxisorientierte Handreichungen, Workshops, Fortbildungsangebote sowie die Integration der Forschungsergebnisse in die Lehre der Studiengänge „Soziale Arbeit“ und „Diakonik/Gemeindepädagogik“. 

Bei dem Projekt handelt es sich um ein Kooperationsprojekt mit der Diakonie Hessen. Die Anbindungen zu den beiden Studienstandorten Schwalmstadt/Treysa und Darmstadt bieten sehr gute Voraussetzungen, in ländlichen Regionen prekäre Lebensverhältnisse und Armutssituationen zu erforschen und darauf aufbauend, in beruflichen Kontexten wie der Sozialen und diakonischen Arbeit für eben diese zu sensibilisieren.

Regenbogen über Treysa. Copyright: Jana Günther.